Lorenz

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Gründung

Ignaz Lorenz sen. (*1849, + 1918) war leitender Maschinist in einer Zuckerfabrik bei Opava (dt. Troppau). Er hatte vier Söhne und zwei Töchter. 1887 zog er mit Seine Familie nach Kroměříž (dt. Kremsier) in Mähren, kaufte im September desselben Jahres die Gebäude in der Hulínská Straße 185/5 und 261/7 und gründete eine mechanische Werkstatt und Gießerei. Die Werkstatt wurde zwar als Gießerei gegründet, seine sechs Arbeiter beschäftigten sich aber hauptsächlich mit der Reparatur von landwirtschaftlichen Maschinen. Dann wurde mit der Herstellung von Landmaschinen, wie Sämaschinen, Heuwendern begonnen.

Motorenfertigung

1905 bauten seine Söhne einen ersten Benzinmotor, er blieb aber zunächst ein Einzelstück. Erst zwischen 1908 und 1910 wurde von Ing. Vladimir Lorenz, dem Sohn des Firmengründers, die Serienfertigung der ersten Benzinmotoren aufgenommen. Da er gelernter Konstrukteur war, wusste er was man bei der Entwicklung von Motoren beachten musste.

1908 übergab Ignaz Lorenz sen. die Firma an seine Söhne Vladimir und Ignaz jun. Vladimir Lorenz hatte ein Ingenieurstudium absolviert. Er war zwar verheiratet, starb aber 1929 kinderlos. Nach dem Tod von Vladimir übernahm sein Bruder Ignaz jun. die gesamte Leitung der Firma. Er hatte ca. 1903 eine Schlosserlehre begonnen und hatte danach an der technische Hochschule in Brno (dt. Brünn) studiert.

Der Name der Motorenfabrik (tschechisch: "Továrna na Motory") Lorenz wurde bald zu einem Synonym für zuverlässige und vielseitig einsetzbare Motoren, so war ein zeitgenössischer Werbespruch: „Ein Lorenz-Motor ersetzt 23 Pferde“ (im Tschechischen reimt sich das).

Während des ersten Weltkrieges musste das Unternehmen, wie viele andere zu dieser Zeit, auf Rüstungsgüter umstellen. Von 1920 – 1922 erlebte nicht nur Kroměříž eine recht schwere Wirtschaftskrise, aber im Anschluss daran folgte eine Phase der Hochkonjunktur. In der Folge wurde das Werk stark erweitert und viele neue Arbeiter angestellt. 1929, also nach sieben Jahren, zählte das Werk bereits 450 Mitarbeiter. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts stellte die Firma fast ausschließlich Benzin- und Petroleummotoren mit einer Leistung zwischen drei und zwölf PS für Landwirtschaft und Kleingewerbe her. 1930 kannte die Auslieferung des 10 000. Lorenz-Motors gefeiert werden.

Lorenz bewältigte die Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren recht gut, obwohl die Firma sie deutlich zu spüren bekam. Zu dieser Zeit konnte es vorkommen, dass mehrere hundert Motoren auf dem Fabrikhof auf einen Käufer warteten. Aber selbst in dieser Situation entließ Lorenz keine Mitarbeiter. Er suchte nach anderen Produkten und Absatzmöglichkeiten, damit seine Angestellten nicht Arbeitslos und damit Mittellos wurden. Außerdem wurde unter dem Druck der Konkurrenz die Fertigung von Dieselmotoren mit einer Leistung von vier bis 36 PS aufgenommen. Zunächst waren das stehende Zweitakt-Dieselmotoren mit Kurbelkastenspülung. Später kamen noch liegende Viertakt-Dieselmotoren hinzu, die im Aufbau weitgehend den Benzinmotoren entsprachen. Mitte der 30er Jahre, begann Lorenz mit der Herstellung von größeren Sauggasmotoren für Getreidemühlen, Wasserversorgungen und andere stationäre Anwendungen. Sie wurden in Leistungsstufen zwischen 12 und 80 PS gefertigt. Lorenz Motoren wurde auch nach Österreich, Ungarn, Deutschland, Portugal, Argentinien und die Ukraine exportiert. Gerade in den ukrainischen Karpaten war die Versorgung mit Elektrizität noch nicht sehr verbreitet. Selbst in Zeiten der Hochkonjunktur hatte die kleine Motorenfabrik aus Kremsier starke Konkurrenz in unmittelbarer Nähe: Wichterle & Kovářík in Proßnitz (tschechisch: Prostějov) und die Gebrüder Pařík (Slavia-Motoren) in Napajedla.

In den Jahren 1937 und 1938 befand sich das Werk auf seinem Höhepunkt, aber der 2. Weltkrieg warf schon seine Schatten voraus. Von Beginn des zweiten Weltkrieges bis Mai 1945 war die Herstellung von Verbrennungsmotoren eingeschränkt, weil Benzin und Petroleum größtenteils vom Militär aufgebraucht wurden. Deshalb wurden hauptsächlich Diesel- und Sauggasmotoren für Koks, Anthrazit und Holzkohle hergestellt.

PAL Magneton

1925 kehrte der in Kremsier geborene Ingenieur Jan Kvapil aus Australien zurück. Er hatte in Prag, Berlin, England und den USA Studiert und berufliche Erfahrungen gesammelt und hatte sich schließlich in Australien niedergelassen. Nach seiner Rückkehr nach Kremsier konstruierte er Prototypen für Hochspannungszündapparate, die er an Lorenz-Motoren ausprobierte. Diese Magnetzündapparate wurden damals auf der regionalen Kunst- und Landwirtschaftsausstellung in Nove Mesto nad Metují mit der höchste Auszeichnung versehen. 1926 entstand daraus die Firma „Magneton“ . Im Jahre 1930 stellte Magneton in unmittelbarer Nachbarschaft zur Motorenfabrik Ig. Lorenz bereits 2283 Niederspannungs-Magnetzünder der Typen R3 und DR3 für Lorenz und den Autohersteller „Aero“ her.

In den 30er Jahren lieferte Magneton die komplette elektrische Ausrüstung für die beliebten Automodelle Aero 30, Aero 50 und Z5 Expes, d.h. Lichtmaschinen, Anlasser, Relais, Zündverteiler, Zündspulen. 1941 beteiligte sich Magneton an der staatlichen Waffenfabrik in Brünn (Zbrojovka Brno) und kaufte das Werk der ehemaligen Firma Färber in der Hulínská Straße für die eigene Produktion.

Magneton kam 1946 durch die Verstaatlichung zum Firmenverbund "PAL - průmysl auto-letecký", d.h. "Automobil- und Luftfahrt-Industrie" und hieß ab dann PAL-Magneton.

Während der deutschen Besetzung

Lorenz hatte damals einen recht guten Ruf, so dass es kaum verwundert, dass die Nazi-Regierung auf die Firma aufmerksam wurde und die Produktionskapazitäten ab 1943 hauptsächlich für militärische Fertigung beanspruchte. Ignaz Lorenz musste in seinem Werk für die Wehrmacht Getriebe für Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen zu produzieren.

In der Fabrik wurde teilweise Sabotage als eine Form von Protest und Widerstand praktiziert. Ignaz Lorenz wurde deswegen verhaftet und sollte vor Gericht gestellt werden. Lorenz meldete aber dem Gericht, er sei krank und die Verhandlung wurde vertagt. Er versteckte sich für eine Weile bei seinem Bruder und ging dann ins Krankenhaus nach Přerov, wo Jaroslav Havel Oberarzt war. Wie sich herausstellte, war Havel einer der führenden Widerstandskämpfer. Er bescheinigte, dass Lorenz todkrank sei. So wurde er von der Einlieferung ins Gefängnis verschont.

Enteigung und Erlöschen der Firma nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Krieg wurde die Fertigung von zivilen Friedensprodukten schnell wieder aufgenommen. Die Nachfrage nach Motoren war in den durch den Krieg zerstörten Ländern sehr groß, wodurch die Firma 1946 und 1947 eine zweite Hochkonjunktur erlebte. Eine Besonderheit dieser Motoren ist das wilde Zusammenwürfeln von allerlei Motorenteilen aus verschiedenen Epochen des Motorenbaues bei Lorenz. Wahrscheinlich wurden aus vorhandenen Ersatzteilbeständen noch Motoren zusammengesetzt, um die Produktion aufrecht zu erhalten.

Leider währte diese Hochkonjunktur nicht sehr lange. Mit Wirkung zum 26.Februar 1948 wurde der gesamte Besitz der Familie Lorenz beschlagnahmt. Firmendirektor Ignaz Lorenz jun. er musste sein Haus räumen. Er war daraufhin fast mittellos und musste mit seiner Familie in eine kleine schäbige Wohnung ziehen. Außerdem wurden ihm vom Staat unvorstellbare Steuerschulden von einer Million US-Dollar auferlegt. Aus dieser unerträglichen Situation erlöste ihn der Tod im Jahre 1953.

Zu dieser Zeit wurden nur noch zwei verschiedene Motortypen hergestellt. Zum einen der Benzin/Petroleum-Motor Typ EA mit einer Leistung von 4 PS und der Dieselmotor Typ EBN mit 7 PS. Beides waren liegende Verdampfermotoren mit herkömmlichem Aufbau. Der Anteil der ins Ausland exportierten Motoren blieb in diesen Jahren trotz der russischen Besatzung unverändert hoch.

Fertigung der letzten Lorenz-Motoren bei Slavia und PAL Magneton

Nach der Enteignung gehörte die Firma zur staatlichen Agrostroj n.p., in Brandýs nad Labem (dt. Brandeis an der Elbe). Am 29. Juni 1948 wurde die Fabrik dem staatlichen Automobil- und Luftfahrtkonzern PAL einverleibt. Währenddessen wurden unter der „Motor-Union“ in Česke Budějovice (Budweis) die Motorenhersteller der Tschechoslowakei zusammengefasst. Am 1. Januar 1949 wurde auch die ehemalige Motorenfabrik Ignaz Lorenz ein Mitglied in diesem Industrieverbund. Die Fabrik in Kremsier wurde 1950 in „Lorenz Magneton Kroměříž“ umbenannt und gelangte endgültig zu PAL. Die Fertigung des Benzin- Petroleum Verdampfermotors Type "EA", sowie die Ersatzteilproduktion und Reparatur älterer Lorenz-Motoren blieb noch bis Mitte der 50er Jahre in Kremsier unter dem Dach von PAL Magneton. Mitte der 50er Jahre wurde dieser Betriebszweig ausgegliedert. Allerdings bereitete die Herstellung der anspruchsvollen Gussteile, besonders Motorengehäuse und Zylinderkopf, große Probleme. Bis dahin waren noch Gussteile aus Produktion der Fa. Loren auf Lager gewesen. Außerdem war die neue Firma teilweise noch auch Werkzeugmaschinen von PAL Magneton angewiesen. Trotzdem konnten 1956 noch 30 EA-Motoren geliefert werden.

Die Fertigung des Dieselmotors "EBN" musste 1949 zu Slavia nach Napajedla abgegeben werden. Als Konkurrenzentwicklung hatte man dort aber wenig Interesse an der Konstruktion. Als die Fertigung trotz Nachfrage um 1956 eingestellt werden sollte, wurde sie in Kremsier in der neuen Firma fortgeführt. 1957 wurden noch 25 Lorenz EBN-Dieselmotoren, sowie eine kleinere Anzahl EA-Motoren in Kremsier hergestellt, danach war auf Befehl des OPK (Bezirks-Industriekombinat) endgültig Schluss. So endet die Geschichte der Motorenfabrik Lorenz, als Opfer der neuen politischen Verhältnisse in Europa.

Unter der Voraussetzung, dass die Motornummern fortlaufend waren, hat Lorenz insgesamt etwa 30.000 Motoren hergestellt.

Die Besitzer und Direktoren der Motorenfabrik Ig. Lorenz:

  • Ignác Lorenz sen. - Gründer und Besitzer der Fabrik (1887 - 1908), geboren 1849, gestorben 1918 in Kroměříž
  • Ing. Vladimir Lorenz - Konstrukteur, Betriebsleiter und Mitinhaber (1918 - 1929), geboren 1879, gestorben 1929 in Kroměříž
  • Ignác Lorenz jun. - Kaufmännischer Direktor und Miteigentümer (1929 - 1948), geboren 1883, gestorben 1953 in Kroměříž